Zeitreise durch Litauen: Diese fünf historischen Orte überraschen Das kleine Land im Baltikum fasziniert nicht nur Naturliebhaber und kulinarisch Interessierte, auch Fans von Kultur und geschichtlichen Sehenswürdigkeiten sollten in Litauen auf Entdeckungsreise gehen. Litauen steckt voller Überraschungen: Von verlassenen Gefängnissen und Festungen bis hin zu geheimen Bunkern aus dem Kalten Krieg - Litauen birgt Orte, die eine Reise in die verschiedensten Kapitel der Geschichte ermöglichen. Lukiškės-Gefängnis Im Herzen von Vilnius, der Hauptstadt Litauens, erhebt sich ein riesiger Komplex aus roten Backsteingebäuden. Auf den ersten Blick könnte man meinen, es handele sich um eine Schule oder ein Krankenhaus, doch der Stacheldrahtzaun entlarvt es als Gefängnis. Das Anfang des 20. Jahrhunderts erbaute Gefängnis ist eines der ältesten in Litauen und orientiert sich am Panoptikum-Konzept des englischen Philosophen Jeremy Bentham. Ziel dieses Konzepts war es, Gebäude so zu gestalten, dass die Insassen jederzeit überwacht werden können, ohne zu wissen, wann sie beobachtet werden. Das sollte ihr Verhalten positiv beeinflussen. Tatsächlich ist aus diesem Gefängnis nie jemand entkommen, obwohl es einige der schlimmsten Verbrecher der damaligen Zeit beherbergte. In seiner Zeit war es eines der modernsten und teuersten Gefängnisse des Russischen Reiches, zu dem Litauen damals gehörte. Es verfügte über eine eigene Wasserversorgung, Heizung und Belüftung, und die Zellen waren aus feuerfestem Material gebaut. Auf dem Gelände gab es Bäder, eine orthodoxe Kirche, eine katholische Kapelle und eine kleine Synagoge. Ironischerweise wurde das einst fortschrittliche Gefängnis später wegen schlechter Bedingungen geschlossen. Heute ist es wieder öffentlich zugänglich und beherbergt Künstlerworkshops, Cafés, Tages- und Nachtführungen. Außerdem finden dort Konzerte und Dreharbeiten, wie zum Beispiel zur vierten Staffel der Netflix-Serie „Stranger Things“. KGB-Museum in Vilnius Nur einen Katzensprung vom Lukiškės-Gefängnis entfernt befindet sich ein weiteres ehemaliges Gefängnis, das heute als Museum der Besatzungen und Freiheitskämpfe oder KGB-Museum bekannt ist. Hier wurden politische Gefangene inhaftiert, verhört, gefoltert und hingerichtet.. Besucher können hier alles über die Geschichte der litauischen Besatzung erfahren: Es gibt authentische KGB-Büros, ein Gefängnis und eine Hinrichtungsstätte, in denen Einschusslöcher in den Wänden von einer düsteren Vergangenheit zeugen. Der Gefängnistrakt sieht noch genauso aus, wie ihn die sowjetischen Sicherheitskräfte 1991 zurückgelassen haben – dem Jahr, in dem Litauen seine Unabhängigkeit wiedererlangte. Museum und Gedenkstätte „Fort IX“ in Kaunas Als sich Ende des 19. Jahrhunderts die Beziehungen zwischen Russland und Deutschland verschlechterten, rückte Kaunas als westlichster Punkt des Russischen Reiches in den Fokus. In der Stadt wurde eine Festungsanlage mit mehreren Forts errichtet, von denen das modernste und bekannteste das Fort IX ist. Von 1940 bis 1941 wurde es als Gefängnis des NKWD genutzt, während der Nazi-Besatzung fanden hier Massenerschießungen statt. Über 50.000 Menschen, hauptsächlich Juden, aber auch Kriegsgefangene, Roma und politische Dissidenten, wurden hier ermordet. Nach dem Zweiten Weltkrieg nutzten die Sowjets das Fort erneut, um politische Gefangene zu inhaftieren. Eine beeindruckende Episode der Geschichte des Fort IX ist die spektakuläre Flucht einer Gruppe jüdischer Häftlinge 1943 durch einen selbst gegrabenen Tunnel – eine der wenigen erfolgreichen Massenfluchten aus einem Nazi-Hinrichtungslager. Eine tragische Liebesgeschichte rankt sich ebenfalls um das Fort: Ein deutscher Soldat namens Helmut verliebte sich in das jüdische Mädchen Leah. Er versorgte sie mit Nahrung und versuchte, ihr zur Flucht zu verhelfen. Ihre Geschichte endet tragisch: Leah wurde getötet, und Helmuts Schicksal ist unbekannt. Bunker aus dem Kalten Krieg Während des Kalten Krieges wurden unter der Stadt Vilnius über 300 Zivilschutzbunker gebaut, die die Bevölkerung vor Strahlung, chemischen und biologischen Angriffen schützen sollten. Diese Stahlbetonbauten waren mit allem ausgestattet, was für das Überleben notwendig war, darunter gefilterte Luft, Lebensmittel, medizinische Versorgung und sogar Freizeitartikel. Die meisten dieser Bunker wurden nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion verkauft, abgerissen oder verfielen. Einige existieren jedoch noch, wie der Bunker „Automatika“, der heute öffentliche und private Führungen anbietet. Museum des Kalten Krieges In einer der schönsten Gegenden Litauens, nahe dem klaren Plateliai-See, befindet sich das Museum des Kalten Krieges. Hier kann man eine der wenigen Ausstellungen in einem ehemaligen unterirdischen Raketensilo Europas besuchen. Zwischen 1963 und 1978 waren hier vier ballistische Mittelstreckenraketen vom Typ SS-4 stationiert, die auf westeuropäische Städte gerichtet waren. Sie bildeten einen Teil des sowjetischen Atomarsenals in Litauen, das in der Lage war, ganz Europa zu verwüsten. Heute ist die ehemals streng geheime Anlage öffentlich zugänglich, und Besucher können den Ort erkunden, an dem fast zwei Jahrzehnte lang Raketen stationiert waren. Das Museum bietet Einblicke in die politische Propaganda des Kalten Krieges, und die Strahlungswerte werden ständig überwacht, um die Sicherheit der Besucher zu gewährleisten.