Das sympathische Land im Baltikum ist nicht nur für seine wunderschöne Natur und seine Sehenswürdigkeiten bekannt, sondern auch für seine aufstrebende und unverwechselbare Bierkultur. Litauen hat sich in den letzten Jahren zu einem Hotspot für Craft-Bier entwickelt. Jedes Jahr findet in Vilnius das exklusive internationale Craft-Beer-Festival Putoja statt.
Diese Veranstaltung präsentiert globale Craft-Brautraditionen, darunter auch die litauischen. In diesem Jahr werden an der Putoja, die vom 20. bis 21. September in der Hauptstadt Vilnius stattfindet, 40 Brauereien aus der ganzen Welt teilnehmen, darunter aus Südkorea, Japan, den Vereinigten Staaten und verschiedenen europäischen Ländern.
Moderne Bierkultur trifft litauische Tradition
Das Festival ist Teil der bekannten Sakiškės-Brauerei und dem Dūmų fabrikas, einer Art Kulturzentrum, in dem verschiedene Events und Beer-Tastings stattfinden, aber auch größere Ausstellungen und eben das Putoja Festival. Die Kreativszene rund um die Brauerei vereint Litauens Historie mit moderner Popkultur und schafft einen Raum, in dem Tradition und Innovation aufeinandertreffen. Hier wird nicht nur Bier gebraut, sondern auch die litauische Identität und Kultur gefeiert.
Gintaras Bingelis, Experte in der Sakiškės-Brauerei und bekannt als „Bier-Professor“, erklärt, dass Bier eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der litauischen Identität spielt und sieht litauisches Craft-Bier heute qualitativ auf Augenhöhe mit deutschen, tschechischen und anderen internationalen Bieren.
Bingelis beobachtet, dass Craft-Bier in Litauen und den Nachbarländern derzeit an Popularität gewinnt, was auf veränderte Konsumgewohnheiten zurückzuführen sei. „Ich bezweifle nicht, dass litauische Craft-Biere zunehmend auf dem globalen Craft-Beer-Markt zu finden sein werden. Litauisches Craft-Bier zeichnet sich durch seine hohe Qualität und seine einzigartigen Zutaten aus", so Bingelis.
Er empfiehlt besonders, die rustikalen, kräftigeren Biere des Landes zu probieren, denn letzteres wird in vielen westlichen Ländern gar nicht mehr gebraut. Der Spezialist schlägt auch vor, sich mit Craft-Sauerbieren und dem in Litauen sehr beliebten Indian Pale Ale (IPA) vertraut zu machen.
Warum es sich lohnt, litauisches Bier zu probieren
Litauisches Bier unterscheidet sich von vielen anderen Bierkulturen, insbesondere der deutschen, durch seine Freiheit und Vielfalt in der Herstellung. Während das deutsche Reinheitsgebot vorschreibt, dass Bier nur aus Gerste, Hopfen und Wasser (und später Hefe) gebraut werden darf, war es in Litauen schon immer üblich, Bier mit verschiedenen Kräutern, Beeren und Gewürzen zu aromatisieren. Darüber hinaus verwenden litauische Brauer ausschließlich lokale, nicht-kommerzielle Hefe für das Bier. Eine weitere Besonderheit ist die Herstellung von gebackenem Bier, das aus Gersten- und Roggenmalzbrot entsteht, eine Methode, die in Litauen bis heute nicht unüblich ist.
Jede Craft-Brauerei und ihre Braumethoden sind unterschiedlich, sodass selbst Biere, die mit gleichen Zutaten hergestellt werden, einzigartige Aromen haben und unterschiedlich schmecken.
Bei der Auswahl eines Qualitätsbieres rät Bingelis, auf den Namen der Brauerei zu achten und darauf, ob das Bier gefiltert oder pasteurisiert wurde, da Filtration und Pasteurisierung die Qualität beeinträchtigen können. Das Herstellungsdatum gibt Aufschluss über die Aromaintensität des Bieres – je näher das Datum an der Herstellungszeit liegt, desto ausgeprägter ist das Aroma. Die empfohlene Verzehrdauer bezieht sich auf den Zeitraum, den der Braumeister als das beste Gleichgewicht zwischen Geschmack und Aroma im Bier ansieht. Unpasteurisiertes helles Bier kann mit der Zeit dunkler werden und sein Aroma kann schwächer werden, aber es entwickelt eine faszinierendere Komplexität.
Die historische Entwicklung des litauischen Biers
Die litauische Biergeschichte reicht bis ins 11. Jahrhundert zurück, als Bier zunächst in kleinen Mengen und vor allem für religiöse Zeremonien gebraut wurde. Mit dem Wachstum von Landgütern, Klöstern und Städten entwickelte sich Bier schnell zu einem alltäglichen Getränk, das auch aufgrund seiner hygienischen Vorteile gegenüber dem oft verunreinigten Trinkwasser in den Städten populär wurde. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts führten die Bodenreformen in Litauen zur Entstehung von Bauernhöfen und gaben jedem Litauer das Recht, Bier für den Eigenbedarf zu brauen - eine Tradition, die in Litauen bis heute lebendig ist.
Die Region Nord-Zentral-Litauen liegt an der ehemaligen Grenze zu Livland, einem Gebiet, das lange Zeit von Deutschen bewohnt wurde. Die einheimische litauische Bevölkerung übernahm so nach und nach die Brautraditionen ihrer deutschen Nachbarn. Im 19. Jahrhundert erlebte Europa, einschließlich Litauen, bedeutende technische Fortschritte, landwirtschaftlichen Wohlstand, städtisches Bevölkerungswachstum und steigende Einkommen. Es entstanden industrielle Brauereien, die für die damalige Zeit beeindruckende Mengen an Bier produzierten. In dieser Zeit beeinflusste das benachbarte Deutschland erneut den Brauprozess, indem es den Brauereien moderne deutsche Maschinen zur Verfügung stellte und bayerische Brauer einlud, ihr Know-how zu teilen.
Die Kombination aus jahrhundertealter Tradition und moderner Kreativität macht Litauen zu einem einzigartigen Reiseziel für Bierliebhaber. Litauen bietet eine unvergleichliche Vielfalt an Biererlebnissen - von historischen Braumethoden hin zu den neuesten Craft-Bier-Kreationen, die auf dem besten Weg dahin sind, weltweit Anerkennung zu finden.